Montag, 17. Dezember 2007

Ausklang

Endlose Duenenlandschaften entlang der Kueste Maranhaos (der Bundesstaat von Sao Luis) waren in den vergangenen zwei Tagen mein letztes Reisehighlight. Mit Leandro habe ich die Lençóis Maranhenses - ihrer weissen sanften Huegel wegen "Decken Maranhaos" genannt - besucht, vier Stunden oestlich von Sao Luis gelegen (Fotos; Kommentare schaffe ich leider nicht mehr). Auch das vorhergehende Wochenende war mit Ausgehen, Fischen, um show (grosses Partykonzert zur Karnvelsvorbereitung mit den Salvadorschen Stimmungsbomben Chiclete com Banana), Strand, Sao-Luis-Sightseeing, Fussball und derlei so schoen hektisch vollgepackt, wie ich es mir fuer die letzten Tage gewuenscht habe. Dass zum Schluss alles so dicht gedraengt war, lag auch daran, dass wir beide an den Tagen vor dem Wochenende platt dagelegen waren. Die Erkaeltung einfach zu ignorieren und intensiv Sao Luis zu erleben, wie im letzten Eintrag beschrieben, hat naemlich nur vier Tage geklappt. Dann mussten wir - denn auch Leandro hatte eine sehr schoene Erkaeltung, und auch der Kombination mit einem herrlichen Supersonnenbrand wegen - unserem Koerper Tribut zollen. Aber jetzt haben wir alles so schoen nachgeholt, dass die Zeit bei Leandro, bei dessen Familie ich mich wie zuhause gefuehlt habe, ein wunderschoener Abschluss meiner Reise war!

La vuelta del Latino-Tobe

Jetzt packe ich schnell meine Sachen zusammen, bevor ich morgen erst nach Rio fliege, dort naechtige und dann weiter nach ueber Madrid nach Frankfurt fliege. Heimatlichen Rheinmainboden werde ich am Freitag um 14.20 Uhr betreten. Meine Maschine ist die Iberia IB 3514 aus Madrid, falls sich jemand zufaellig im Terminal 2 aufhaelt... Wie kurz und lang es her ist, als ich mit Serge in Terminal 2 oben im Essensareal mit Blick auf die Startbahn sass und mich ueber den nicht wenig homophil wirkenden Sohn am Nachbartisch lustig gemacht habe!

Meine Reise

Von Santiago nach Sao Luis.
Vom peruanischen Gletscher zum Zuckerhut.
Von der Wueste an der Pazifikkueste in den Dschungel.
Von den kunterbunten Indiomaerkten La Paz' zu den schicken Boutiquen Palermos.
Von der surrealen weissen Salzwueste ueber die tosenden weissen Wasserfaelle zu den endlosen weissen Duenen.
Von Copacabana am Titicacasee nach Copacabana am Atlantik Rios.
Vom Aequator zum Aconcagua, dem hoechsten Berg der westlichen Hemisphaere.
Von den Ruinen der Inkas zu den Kolonialstaedtchen der Portugiesen.
Von Lamas ueber Alligatoren und Piranhas zu Inselaeffchen.
Vom halb abgefrorenen Daumen und Hoehenlufttaumel zum Sonnenbrand.
Von Sandboarden ueber Gleitschirmfliegen zu Gletscherspaltenspringen.
Von der totalen Erschoepfung auf dem El Misti zur totalen Entspannung an den brasilianischen Straenden.
Von der Montanitastrandparty ueber Buenos Aires' Clubs zu Carnatal.
Von Palta und Completo ueber Mercardo-Almuerzos und argentinische Steaks zu Feijoada.
Von Tillmann ueber Teresa, Juan, Otis, Clare, Gisela, Steffi, Hannes, Jorge, Luciana, Pedro, Andreas und Wilnia zu Leandro. Und zu mir.

Wie toll ich diese Reise fand, wie eindrucksreich mit allem, was mein Herz begehrte, wieviel sie mir gegeben hat, dass es vielleicht das Geilste war, was ich je gemacht habe, haben Euch wohl Blog und Fotos gezeigt. Jetzt freue ich mich aber sehr auf die letzten Tage eines meiner schoensten Jahre (yesyes zweitausendsieben!) zuhause, auf den Frankfurter Boden, auf dem ich landen werde, die kurze Fahrt nach Mainz, ueber die Weisenauer Bruecke ueber meinen Lieblingsfluss, rechts Zementwerk und weiter hin Dom und Christuskirche, links Laubenheim. Wie hat ein bekannter und reiseerfahrener rheinhessischer Schoengeist formuliert: Heimkommen is der schönste Teil am Reisen, selbst wenns Wetter scheiße is. Freitagabend sehen wir uns hoffentlich in der kleinen Halle im KuZ, falls Ihr gerade in Mainz seid!

Muchas gracias y muito obrigado!

Es hat mich immer sehr gefreut, dass so viele von Euch meine Reise verfolgt haben! Vielen Dank fuer Euer Lesen, Eure E-Mails und Eure Kommentare! Wir sehen uns dann bei Teil 2 in ein paar Jahren...

Montag, 10. Dezember 2007

São Luís

Leandro habe ich Donnerstagnacht zusammen mit seiner Familie vom Flughafen in São Luís abgeholt. Ein sehr aufregender und spannender Augenblick: Ende Juni hatte ich ihn fuer drei Tage in Hildesheim besucht (auch das ein sehr aufregender und spannender Augenblick, denn sieben Jahre zuvor hatte ich in diesem unscheinbaren Staedtchen meinen ersten eindrucksvollen Niedersachsenkontakt gehabt) und wir hatten ueber die Zeit hier in São Luís fantasiert, die damals so unglaublich weit weg schien angesichts all dessen, was dazwischen noch kommen wuerde. Und was jetzt dazwischen noch alles kam! Und jetzt habe ich es tatsaechlich zu ihm geschafft (Fotos)!

Saúd

Ich selbst war anderthalb Stunden vor Leandro in Sao Luis (was man uebrigens nicht wie Saarlouis, sondern "Sao" (das a geht sehr, sehr nasal ins o ueber) "Lu-IS" (zwei Silben, Betonung auf der zwoten) ausspricht) angekommen, nach meiner laengsten Busreise am Stueck, ueber 32 Stunden fuer die 1.600 Kilometer von Natal. Hatte mich das Busfahren vorher eigentlich nicht gestoert, ja war es bisweilen sogar eine angenehme Weise die Landschaften zu erfahren gewesen und halte ich aus unerklaerlichen Gruenden grosse Stuecke auf meine Odysee von Quito nach Santiago, so habe ich jetzt doch, nach den langen Reisen durch Brasilien zum Schluss, die Nase recht voll davon. Auf der sehr langen Fahrt von Natal hatte ich mir durch die unangenehm kalte Klimaanlage (bei jeder Pause ein Schock, wenn man aus dem Bus in die 30+ Grad aussteigt) eine Erkaeltung zugezogen. Die erschien mir besonders unangenehm, weil ich kranksein gar nicht mehr gewoehnt bin (und meine Wehleidigkeit so gestiegen ist), schliesslich habe ich das letzte halbe Jahr, bis auf ein paar vernachlaessigbare Magenunstimmigkeiten in Bolivien und Peru, in bester Gesundheit verbracht (auch wenn es nicht wenige Tage gab, an denen ich sehr fertig war...). (Der Latinotobetrick ist, immer schoen viel Pommes Frites zu essen und Quilmes, Brahma, Cuscena und frischgepressten Osaft zu trinken!) Aber es war leicht, die Erkaeltung einigermassen zu ignorieren, denn bei den Balbys, das ist Leandros Familie, habe ich mich gleich zu Beginn sehr, sehr wohl gefuehlt. Und eine interessante neue Erfahrung war es auch, sich in Badehose bei 32 Grad am Strand auszukurieren und dabei aufzupassen, dass man nicht auch noch Sonnenbrand kriegt.

Minha Familia

Leandros Familie lebt in São Luís in einem grossen Haus mit Pool, Papayabaeumen und Kokosnusspalmen direkt am Strand. Leandro hat zwei Brueder in unserem Alter, Eduardo und Thales. Und ausserdem eine nicht-abzaehlbare Menge an Primos und Primas (Kussengs und Basen). Samstag war Feijoada im "kleineren" Kreis, wie Leandro meinte, und es kamen im Laufe des Tages nur vierzig Verwandte, um den typisch brasilianischen Bohneneintopf zu essen. Alle waren unglaublich nett und aufgeschlossen zum "alemao", so dass ich mich wie ein Teil der Familie fuehlte (teilweise etwas wie der Nixblicker der Familie, meinem nur langsam Fortschritte machendem Portugiesisch geschuldet). Sonntag fand gleich der Gegenbesuch mit Grillen bei einem anderen Teil der Familie statt. Heute Mittag waren wir am Strand und haben Fussball gespielt und Guaraná-, Murici- und Goiabasaefte getrunken, ein jeder sehr spritzischleggae, un´ soo gesund! Jetzt erholen wir uns von der vielen Sonne, denn sowohl der germanisierte Brasilianer als auch der latinisierte Deutsche haben einen ausgepraegten Sonnenbrand.

Dienstag, 4. Dezember 2007

Nordeste

Von Rio de Janeiro bin ich vor zehn Tagen in Richtung brasilianischer Nordosten (Fotos) aufgebrochen, um mit dem vergangenen Wochenende eines meiner geilsten solchen auf der Suedhalbkugel erleben zu duerfen. Los ging´s wie sooft mit dem Nachtbus ins kleine, aber sehr feine Ouro Preto im Landesinneren von Brasilien, sieben Stunden von Rio entfernt.

Schwarzes Gold

Waehrend Rio de Janeiro im 18. Jahrhundert keine 50.000 Einwohner hatte, zaehlte Ouro Preto zu seiner damaligen Bluetezeit ueber 100.000 Einwohner und war somit eine der groessten Staedte Amerikas damals (Neuyork zum Beispiel war viel, viel kleiner). Diese Bluete hatte es den Unmengen an Gold zu verdanken, die dort gefunden wurden. Ausser einem sehr schoenen alten Stadtkern und einer Menge huebscher, aber fuer verwoehnte Europaer nicht beeindruckender Kirchen hatte Ouro Preto und auch ganz Brasilien nichts von diesen Reichtuemern; sie wurden gleich nach Portugal verschifft. Tags drauf fuhr ich morgens weiter, zunaechst ins zwei Stunden entfernte Belo Horizonte, der Hauptstadt des Bundesstaats Minas Gerais, drittgroesste Metropolregion Brasiliens und Geburtsort von Lincoln (net Abraham, por supuesto) und Dede. Eine gepflegte, recht wohlhabende, unspektakulaere Stadt, die zu latinotobeschen Ehren kam, weil mein 26-Stunden-Anschlussbus nach Salvador, wie gesagt wie sooft, erst Abends fuhr.

Afrobrasilien

Salvador ist die Hauptstadt Bahias und Geburtsstadt Bebetos, nach meinem kurzen badehosefreien Abstecher ins Landesinnere wieder eine Kuestenstadt. Salvador ist die drittgroesste Stadt Brasiliens (also ohne Metropolregion diesmal, jeder zaehlt, wie er Lust hat) und beherbergt die afrobrasilianische Seele, was man an Sprache (falls man Portugiesisch kann) und Religion (falls man sich fuer die katholische Kirche interessiert) schnell merkt. Ich hingegen habe das mal aus dem dominanten Schwarz der Hautfarbe seiner Bewohner erschlossen. (Auch der Capoeira ist ein Erbe der Sklavenzeit, und Salvador gilt als das Zentrum dieses Kampfsports, o Senhor Plagemann.) Die sehr dunkle Hautfarbe faellt einem naemlich sofort auf. Die meisten Brasilianer, die ich gesehen habe, nicht nur in Florianopolis, sondern auch in Rio de Janeiro oder Belo Horizonte, sind naemlich bei weitem nicht so dunkel, wie es etwa die Zusammensetzung der Selecao einem planlosen, reiselustigen Mitteleuropaeer suggeriert (wenngleich diese Zusammensetzung auch nicht derart unrepraesentativ ist wie jenseits des Rheins). In Salvador wohnte ich bei Pedro und Raphaella, Freunden von Leandro und sehr guten Gastgebern, die mir Stadt und Bars zeigten. Lange konnte ich aber nicht bleiben, denn ich musste weiter, weiter nach Natal, 22 Busstunden noerdlich von Salvador.

Carnatal

In Natal (ohne Fussballspieler, den ich kenne, dafuer wiederum mit zwei national bekannten brasilianischen Schmidts) erhielt ich die tolle Gelegenheit, in die brasilianische Kultur einzutauchen, mich unters normale Volk zu mischen, mal Brasilien von der Einheimischenperspektive zu sehen, verstehen zu lernen, wie das Klischee der lebensfrohen Brasilianer gepraegt wurde, mit anderen Worten: derbst zu feiern (hatt ich ja auch schon lang nicht mehr gemacht). In Natal war naemlich vier Tage Carnatal, eine Art Karneval ausserhalb der Saison, was so aehnlich wie der Karneval in Salvador sein soll (letzterer uebrigens der groesste Straßenkarneval der Welt, die groesste Strassenfassenacht der Welt ist selbstverstaendlich am fuffzischsten Breitengrad). Carnatal (und anscheinend auch Karneval in Salvador) funktioniert sehr lustig: Um zwei grosse Stadien fahren Riesentrucks im Kreis, beladen mit Saengern und bombastischen Lautsprechern. In durch Ordner und Seile fest abgegrenzten Bereichen vor und nach den Trucks tanzen die jeweilige Partycrews, deren Mitglieder klar durch ihre uniformen T-Shirts zu erkennen sind. (Verkleidet ist sonst keiner.) Solche T-Shirts sind unglaublich teuer und schwanken nach Angaben meiner inkonsisten Quellen pro Abend zwischen 40 und 100 Euro. Auf einem Riesengebiet drumherum ist aber auch bestes Remmidemmi, und man kommt so nah an die Trucks heran, dass ich mich frage, weshalb die Leute soviel Kohle dafuer ausgeben. Der ganze Rest hingegen, Skol und Caipirinha und derlei, ist unglaublich guenstig, so dass man auch als Mann des Nordens leicht in die Sambaklaenge findet und den ein oder anderen Brasilianer alt aussehen laesst (zumindest in der eigenen Wahrnehmung zu diesem Zeitpunkt). Nur mein Aeusseres mit Thrice-Shirt (dieser subtile Kommentar zu den Sambaklaengen, den ich persoenlich unglaublich witzig fand, ist natuerlich untergegangen) und Jeans und Frisur haben mich als Gringo identifiziert. (So aehnlich, wie mich auch in Argentinien das mangelnde HiLa zum Auslaender gemacht hat. Floripa war der einzige Ort der Reise, wo ich wirklich nicht aufgefallen bin.) Als einer von einer Handvoll Gringos insgesamt uebrigens, sehr geil! Vier Naechte habe ich da also mein Tanzbein geschwungen, und nun erhole ich Koerper und Geist mit zwei Tagen Strand und vor allem Taking Back Sunday und was die YouFM-Typen noch in ihren Rockwebkanal gestellt haben. Den Strand hatte ich ja noch gar nicht erwaehnt: er und Wetter und Wasser und Waerme passen genauso in die deutschen Brasilienvorstellungen wie die letzten Naechte. Adventsstimmung kommt da schwerlich auf, auch wenn die Brasilianer hinsichtlich Lichterketten und Plastiktannen keinerlei Nachholbedarf haben. Den zweiten Advent feiere ich, hoffentlich aehnlich demuetig und in mich gekehrt, im grossen Finalort meiner kleinen Suedamerikasause, in Sao Luis.

Freitag, 23. November 2007

Jaennerfluss

Bevor ich vollends zum Carioca werde, ueber eine Woche bin ich ja nun schon in Rio de Janeiro, fahre ich heute Nacht weiter in die alte Minenstadt Ouro Preto. Nach Sao Luis sind es noch einige Tausend Kilometer, und ich will puenktlich mit Leandro in keinen zwei Wochen mehr dort ankommen! Bevor es gleich zum Rodoviaria (Busbahnhof) geht, erzaehle ich Euch beim wunderschoenen Klang von Escapado (obrigado, Serge) (mein MP3-Spieler hat seinen Geist schon in Buenos Aires aufgegeben, und so sind Internetcafes auch immer schoene Alternative-Inseln) von Sambaschulen und Zuckerhueten (die Fotos zeigen obendrein, dass ich groessere Fuesse als der Kaiser habe).

Sambanaechte

Die brasilianische Klischeemusik habe ich in ihrem Heimatland zum ersten Mal am letzten Wochenende kennengelernt. Mit drei Jungs aus Sao Paolo aus dem Hostal war ich im Szenestadtteil Lapa in einem der bekanntesten Sambaclubs der Stadt, im "Democraticus". Obwohl ich mich nicht gerade Latino-Tobe ob meiner Vorliebe fuer suedlaendische Musik getauft habe, hat mir die Musik der Live-Band bestens gefallen. Nachts drauf war ich mit Luciana, einer Freundin von Leandro, bei einer Sambaschule oder eher in den Strassenzuegen davor. Die Sambaschulen liegen an den Raendern der Favelas oder in Favelas (Favelas sind die Slums, wie in Cidade de Deus, was in Rio spielt, gesehen; Rio hat die groesste Favela Suedamerikas) und proben das Jahr ueber fuer die grossen Paraden an Karneval. Das war eine grossartige Nacht abseits der Gringoautobahn, chaotisch-rhythmisch, tatsaechlich so, wie man es sich vorstellt. Anfangs war ich etwas nervoes, wie ich zugeben muss, aber Luciana ist auch Weisse und ich habe ihr zurecht voll vertrauen koennen. Sonntag schliesslich war ich auf einer Favela-Funk-Party, ebenso eine nicht wirklich legale Veranstaltung. Unsere Party war aber eine Soft-Variante, der Besuch dort war vom Hostal veranstaltet, und sie fand auch nicht direkt in einer Favela statt; insgesamt handelte es sich eher um eine Riesenproletenveranstaltung, wenn auch mit unterhaltsamerer Klientel als in den deutschen Landen.

Ein unvergesslicher Nachmittag

Das Wochenende war also schoen kraefteraubend. Montags habe ich mit einem Brasilianer einen schoen langen Spaziergang ueber die Straende von Ipanema und Copacabana gemacht. Die Straende sind so dichtbevoelkert, wie man es sich vorstellt, mit Schoenen und Fetten, Weissen und Schwarzen (und allem dazwischen), Einheimischen und Touristen, kleinen Maedchen und alten Opas, Gaffern und Schwulen. Sehr unterhaltsamer Kontrast nach den herrlichen, aber einsamen Naturstraenden auf der Ilha Grande. Der Spaziergang war wie gesagt schoen und lange, und auf halbem Weg zurueck in Ipanema haben wir uns an einem Strandkiosk niedergelassen, um den Nachmittag mit ein paar Skols abzurunden. Und dann wurde eben der Italiener direkt vor mir auf die Strasse geschubst, und der Bus fuhr nacheinander mit seinen beiden rechten Raedern ueber seinen Hals und Kopf, und Vater und Bruder schauten auch zu und rannten zum leblosen Leib und schrien. So unwahrscheinlich es war in so einer grossen Stadt, ich habe alles en detail gesehen. Und auch wenn es nur ein tragischer Unfall war, auch wenn fast alle schlimmen Verbrechen hier in den Favelas geschehen und sowas auch in Europa geschehen kann, auch wenn ich jetzt nicht veraengstigt durch die Strassen schleiche undsoweiterundsofort, haben mich diese Szenen schon sehr beruehrt.

Touritage

Die naechsten Tage habe ich etwas lockerer angehen lassen und war dann schliesslich auch wieder in der Lage, Rio zu geniessen. Mittwoch war wieder sehr schoen, Luciana hat mir das Zentrum der Stadt gezeigt: ein komischer Mix aus kleinen und sehr schoenen alten Haeusern und grossen und sehr haesslichen Buerogebaeuden, ein tolles Zentrum, da voller Leute. Fast ohne Touristen, denn die tummeln sich alle in Copacabana oder dort, wo ich gestern war, bei den unverzichtbaren, dennoch obergeilen weltbekannten Highlights der Stadt: die Christusstatue und der Zuckerhut. So fehlt auf der Karte links jetzt nur noch einer der hervorgehobenen Orte, und dort reise ich nun ueber ein paar Zwischenstationen hin. Tudo bem!

Dienstag, 20. November 2007

Gestern

Zum ersten Mal ist was Schreckliches passiert, zwar nicht mir, aber ich war 10 Meter davon entfernt und hab alles genau gesehen: http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,518405,00.html. Bin immer noch geschockt.

Donnerstag, 15. November 2007

Brasilien

Seit zwei Stunden bin ich in Ipanema, dem angeblich schoensten Stadtteil von Rio de Janeiro. Ich habe ins Hostel eingecheckt, einen Riesensack Waesche abgegeben (trage nun das Allerletzte, was mein Rucksack noch hergab) und, da es in Stroemen regnet, gebe ich nun erst mal wieder die neuesten Latinotobeabenteuer zum Besten (ein paar Fotos).

Florianopolis

In Stroemen regnet es erstaunlich viel in Brasilien, zumindest hier in der Gegend. In Florianopolis hingegen im Sueden war das Wetter so, wie man es sich in Deutschland von Brasilien vorstellt. Dort habe ich nach den Iguazu-Wasserfaellen meine ersten paar Tage in Brasilien verbracht. Florianopolis wirkt wohlhabend, sicher und sauber, wie eine europaeische Stadt. Die Leute waren grossenteils Weisse, die Hauptfussgaengerzone ist die Schmidt-Avenida. Ich bin nicht aufgefallen und wurde sogar zweimal nach dem Weg gefragt. Glaube ich zumindest, denn ich verstand nix. Waehrend ich Portugiesisch einigermassen lesen kann, habe ich mich bisher nicht an die Aussprache gewoehnen koennen - Portugiesisch ist da echt alles anderes als leicht - und bin nach wie vor aufgeschmissen, wenn mein Gegenueber weder Spanisch noch Englisch spricht. Wobei das viele Gegenueber eigentlich nicht nennenswert stoert; sie reden einfach freudig weiter. Ich entgegne dann ab und zu irgendwas auf Spanisch, wobei ich an beliebigen Stellen "sch" und Nasallaute einstreue. Das hilft zwar auch nicht viel, aber es ist zumindest kurzweilig. In Floripa war ansonsten nicht viel los, kaum Backpacker vorort, und da ich am Wochenanfang an dort war, war auch die Stadt aeusserst ruhig. Von wegen alle Brasilianer tanzen permanent Samba und feiern... Ich besuchte noch eine deutsch-brasilianische Familie, Bekannte von Leandro, und dann fuhr ich weiter nach Norden.

Grosse Insel

Ueber Sao Paulo bin ich letztes Wochenende nach Paraty gekommen, ein nettes kleines Kolonialstaedtchen. Leider war es auch dort zwar sehr schoen, aber nicht besonders aufregend. Wenn kaum andere Backpacker im Hostal sind und sich die brasilianische Jugend versteckt haelt, kann es einem Alleinreisenden schon mal langweilig werden. Daher bin ich Sonntag bereits weiter auf die Ilha Grande gereist. Die Ilha Grande ist die drittgroesste brasilianische Insel, autofrei mit 106 Straenden. Dort war dann endlich mal wieder Reisevolk. Die Schoenheit der Insel wird landesweit geruehmt und zieht daher viele Touristen an. Wie hier gerade in Rio passt auch dort das Wetter nicht ganz zu den brasilianischen Klischeevorstellungen. Am Montag etwa konnte man kaum das andere Ende der Bucht erkennen, so stark war der Regen. Dafuer hat sich gestern das halbe Hostal einen Sonnenbrand zugezogen auf einem absoluten Traumstrand. Etwas angeschlagen von der gestrigen Caipirinha-Promoçao bin ich heute morgen aufgebrochen in die wohl bekannteste Stadt des Kontinents. Und dort sitze ich nun, gespannt auf Zuckerhut, Copacabana und den grossen Christus in den naechsten Tagen.

Samstag, 3. November 2007

Fallendes Wasser en masse

Seit drei Stunden bin ich richtig in Brasilien. In Foz do Iguaco sitze ich am Busbahnhof und warte auf meinen Bus, der mich ueber Nacht nach Florianopolis bringt. Obwohl wir hier gleich hinter der Grenze zu Argentinien sind, habe ich gerade mit Haenden und Fuessen einen Hamburger bestellen muessen, denn Spanisch oder Englisch sprach mein Wirt nicht, und auch ich habe keinen blassen Schimmer vom Portugiesischen. Portugiesisch ist zwar so aehnlich zum Spanischen, dass man vieles lesen kann; aber einige grundlegende Woerter sind dann doch verschieden und ausgesprochen kann ich das Meiste nicht mehr zum verwandten Spanisch zurueckverfolgen. Die naechsten Wochen duerften also etwas anspruchsvoller werden, doch fuers anspruchsvolle Reisen ist der Latinotobe ja hier.

Cataratas del Iguazú

Drei Stunden war ich bereits gestern in Brasilien: bei den Cataratas do Iguacu (Fotos). Tags zuvor hatte ich mir die argentinische Haelfte der Cataratas del Iguazú angeschaut. Der Iguazu fliesst entlang der argentinisch-brasilianischen Grenze im Landesinneren ganz in der Naehe von Paraguay. Ein maechtiges Wasserfallnetzwerk aus 275 einzelnen Faellen trennt ihn in den oberen Iguazu und den unteren Iguazu entlang einer Strecke von 2,7 Kilometern. Die Faelle sind bis zu 82 Meter hoch. Die Garganta del Diablo (Teufelsrachen) dominiert die Faelle: ein U-foermiges 150m breites und 700m langes Kliff, ueber das sich die tosenden Wassermassen in eine schaeumende Schlucht stuerzen. Ruhiger, aber eleganter und schoener ist die Kette vereinzelter Wasserfaelle auf der argentischen Seite. Ich koennte hier alle Attribute von oberstderb bis paradiesisch auflisten; diese Wasserfaelle gehoeren zum Tollsten, was ich je gesehen habe.

Bom dia, Brasil

Wasserfallbeschwingt fahre ich nun gleich an die Atlantikkueste, um die Wassermassen, die ich gestern habe sich hinabstuerzen sehen, wiederzutreffen. Florianopolis liegt in Brasiliens Sueden und wird mein erster richtiger Stopp hier. Ich bin sehr gespannt auf dieses Land, das ja so verschieden von allen meinen vorher Bereisten sein soll. Vor allem, nachdem mir Hannes letzte Woche auf seiner Terrasse nochmal das Beste seiner gesammelten Anekdoten von seinen Reisen dort dargeboten hatte... Até mais tarde!