Freitag, 23. November 2007

Jaennerfluss

Bevor ich vollends zum Carioca werde, ueber eine Woche bin ich ja nun schon in Rio de Janeiro, fahre ich heute Nacht weiter in die alte Minenstadt Ouro Preto. Nach Sao Luis sind es noch einige Tausend Kilometer, und ich will puenktlich mit Leandro in keinen zwei Wochen mehr dort ankommen! Bevor es gleich zum Rodoviaria (Busbahnhof) geht, erzaehle ich Euch beim wunderschoenen Klang von Escapado (obrigado, Serge) (mein MP3-Spieler hat seinen Geist schon in Buenos Aires aufgegeben, und so sind Internetcafes auch immer schoene Alternative-Inseln) von Sambaschulen und Zuckerhueten (die Fotos zeigen obendrein, dass ich groessere Fuesse als der Kaiser habe).

Sambanaechte

Die brasilianische Klischeemusik habe ich in ihrem Heimatland zum ersten Mal am letzten Wochenende kennengelernt. Mit drei Jungs aus Sao Paolo aus dem Hostal war ich im Szenestadtteil Lapa in einem der bekanntesten Sambaclubs der Stadt, im "Democraticus". Obwohl ich mich nicht gerade Latino-Tobe ob meiner Vorliebe fuer suedlaendische Musik getauft habe, hat mir die Musik der Live-Band bestens gefallen. Nachts drauf war ich mit Luciana, einer Freundin von Leandro, bei einer Sambaschule oder eher in den Strassenzuegen davor. Die Sambaschulen liegen an den Raendern der Favelas oder in Favelas (Favelas sind die Slums, wie in Cidade de Deus, was in Rio spielt, gesehen; Rio hat die groesste Favela Suedamerikas) und proben das Jahr ueber fuer die grossen Paraden an Karneval. Das war eine grossartige Nacht abseits der Gringoautobahn, chaotisch-rhythmisch, tatsaechlich so, wie man es sich vorstellt. Anfangs war ich etwas nervoes, wie ich zugeben muss, aber Luciana ist auch Weisse und ich habe ihr zurecht voll vertrauen koennen. Sonntag schliesslich war ich auf einer Favela-Funk-Party, ebenso eine nicht wirklich legale Veranstaltung. Unsere Party war aber eine Soft-Variante, der Besuch dort war vom Hostal veranstaltet, und sie fand auch nicht direkt in einer Favela statt; insgesamt handelte es sich eher um eine Riesenproletenveranstaltung, wenn auch mit unterhaltsamerer Klientel als in den deutschen Landen.

Ein unvergesslicher Nachmittag

Das Wochenende war also schoen kraefteraubend. Montags habe ich mit einem Brasilianer einen schoen langen Spaziergang ueber die Straende von Ipanema und Copacabana gemacht. Die Straende sind so dichtbevoelkert, wie man es sich vorstellt, mit Schoenen und Fetten, Weissen und Schwarzen (und allem dazwischen), Einheimischen und Touristen, kleinen Maedchen und alten Opas, Gaffern und Schwulen. Sehr unterhaltsamer Kontrast nach den herrlichen, aber einsamen Naturstraenden auf der Ilha Grande. Der Spaziergang war wie gesagt schoen und lange, und auf halbem Weg zurueck in Ipanema haben wir uns an einem Strandkiosk niedergelassen, um den Nachmittag mit ein paar Skols abzurunden. Und dann wurde eben der Italiener direkt vor mir auf die Strasse geschubst, und der Bus fuhr nacheinander mit seinen beiden rechten Raedern ueber seinen Hals und Kopf, und Vater und Bruder schauten auch zu und rannten zum leblosen Leib und schrien. So unwahrscheinlich es war in so einer grossen Stadt, ich habe alles en detail gesehen. Und auch wenn es nur ein tragischer Unfall war, auch wenn fast alle schlimmen Verbrechen hier in den Favelas geschehen und sowas auch in Europa geschehen kann, auch wenn ich jetzt nicht veraengstigt durch die Strassen schleiche undsoweiterundsofort, haben mich diese Szenen schon sehr beruehrt.

Touritage

Die naechsten Tage habe ich etwas lockerer angehen lassen und war dann schliesslich auch wieder in der Lage, Rio zu geniessen. Mittwoch war wieder sehr schoen, Luciana hat mir das Zentrum der Stadt gezeigt: ein komischer Mix aus kleinen und sehr schoenen alten Haeusern und grossen und sehr haesslichen Buerogebaeuden, ein tolles Zentrum, da voller Leute. Fast ohne Touristen, denn die tummeln sich alle in Copacabana oder dort, wo ich gestern war, bei den unverzichtbaren, dennoch obergeilen weltbekannten Highlights der Stadt: die Christusstatue und der Zuckerhut. So fehlt auf der Karte links jetzt nur noch einer der hervorgehobenen Orte, und dort reise ich nun ueber ein paar Zwischenstationen hin. Tudo bem!

Dienstag, 20. November 2007

Gestern

Zum ersten Mal ist was Schreckliches passiert, zwar nicht mir, aber ich war 10 Meter davon entfernt und hab alles genau gesehen: http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,518405,00.html. Bin immer noch geschockt.

Donnerstag, 15. November 2007

Brasilien

Seit zwei Stunden bin ich in Ipanema, dem angeblich schoensten Stadtteil von Rio de Janeiro. Ich habe ins Hostel eingecheckt, einen Riesensack Waesche abgegeben (trage nun das Allerletzte, was mein Rucksack noch hergab) und, da es in Stroemen regnet, gebe ich nun erst mal wieder die neuesten Latinotobeabenteuer zum Besten (ein paar Fotos).

Florianopolis

In Stroemen regnet es erstaunlich viel in Brasilien, zumindest hier in der Gegend. In Florianopolis hingegen im Sueden war das Wetter so, wie man es sich in Deutschland von Brasilien vorstellt. Dort habe ich nach den Iguazu-Wasserfaellen meine ersten paar Tage in Brasilien verbracht. Florianopolis wirkt wohlhabend, sicher und sauber, wie eine europaeische Stadt. Die Leute waren grossenteils Weisse, die Hauptfussgaengerzone ist die Schmidt-Avenida. Ich bin nicht aufgefallen und wurde sogar zweimal nach dem Weg gefragt. Glaube ich zumindest, denn ich verstand nix. Waehrend ich Portugiesisch einigermassen lesen kann, habe ich mich bisher nicht an die Aussprache gewoehnen koennen - Portugiesisch ist da echt alles anderes als leicht - und bin nach wie vor aufgeschmissen, wenn mein Gegenueber weder Spanisch noch Englisch spricht. Wobei das viele Gegenueber eigentlich nicht nennenswert stoert; sie reden einfach freudig weiter. Ich entgegne dann ab und zu irgendwas auf Spanisch, wobei ich an beliebigen Stellen "sch" und Nasallaute einstreue. Das hilft zwar auch nicht viel, aber es ist zumindest kurzweilig. In Floripa war ansonsten nicht viel los, kaum Backpacker vorort, und da ich am Wochenanfang an dort war, war auch die Stadt aeusserst ruhig. Von wegen alle Brasilianer tanzen permanent Samba und feiern... Ich besuchte noch eine deutsch-brasilianische Familie, Bekannte von Leandro, und dann fuhr ich weiter nach Norden.

Grosse Insel

Ueber Sao Paulo bin ich letztes Wochenende nach Paraty gekommen, ein nettes kleines Kolonialstaedtchen. Leider war es auch dort zwar sehr schoen, aber nicht besonders aufregend. Wenn kaum andere Backpacker im Hostal sind und sich die brasilianische Jugend versteckt haelt, kann es einem Alleinreisenden schon mal langweilig werden. Daher bin ich Sonntag bereits weiter auf die Ilha Grande gereist. Die Ilha Grande ist die drittgroesste brasilianische Insel, autofrei mit 106 Straenden. Dort war dann endlich mal wieder Reisevolk. Die Schoenheit der Insel wird landesweit geruehmt und zieht daher viele Touristen an. Wie hier gerade in Rio passt auch dort das Wetter nicht ganz zu den brasilianischen Klischeevorstellungen. Am Montag etwa konnte man kaum das andere Ende der Bucht erkennen, so stark war der Regen. Dafuer hat sich gestern das halbe Hostal einen Sonnenbrand zugezogen auf einem absoluten Traumstrand. Etwas angeschlagen von der gestrigen Caipirinha-Promoçao bin ich heute morgen aufgebrochen in die wohl bekannteste Stadt des Kontinents. Und dort sitze ich nun, gespannt auf Zuckerhut, Copacabana und den grossen Christus in den naechsten Tagen.

Samstag, 3. November 2007

Fallendes Wasser en masse

Seit drei Stunden bin ich richtig in Brasilien. In Foz do Iguaco sitze ich am Busbahnhof und warte auf meinen Bus, der mich ueber Nacht nach Florianopolis bringt. Obwohl wir hier gleich hinter der Grenze zu Argentinien sind, habe ich gerade mit Haenden und Fuessen einen Hamburger bestellen muessen, denn Spanisch oder Englisch sprach mein Wirt nicht, und auch ich habe keinen blassen Schimmer vom Portugiesischen. Portugiesisch ist zwar so aehnlich zum Spanischen, dass man vieles lesen kann; aber einige grundlegende Woerter sind dann doch verschieden und ausgesprochen kann ich das Meiste nicht mehr zum verwandten Spanisch zurueckverfolgen. Die naechsten Wochen duerften also etwas anspruchsvoller werden, doch fuers anspruchsvolle Reisen ist der Latinotobe ja hier.

Cataratas del Iguazú

Drei Stunden war ich bereits gestern in Brasilien: bei den Cataratas do Iguacu (Fotos). Tags zuvor hatte ich mir die argentinische Haelfte der Cataratas del Iguazú angeschaut. Der Iguazu fliesst entlang der argentinisch-brasilianischen Grenze im Landesinneren ganz in der Naehe von Paraguay. Ein maechtiges Wasserfallnetzwerk aus 275 einzelnen Faellen trennt ihn in den oberen Iguazu und den unteren Iguazu entlang einer Strecke von 2,7 Kilometern. Die Faelle sind bis zu 82 Meter hoch. Die Garganta del Diablo (Teufelsrachen) dominiert die Faelle: ein U-foermiges 150m breites und 700m langes Kliff, ueber das sich die tosenden Wassermassen in eine schaeumende Schlucht stuerzen. Ruhiger, aber eleganter und schoener ist die Kette vereinzelter Wasserfaelle auf der argentischen Seite. Ich koennte hier alle Attribute von oberstderb bis paradiesisch auflisten; diese Wasserfaelle gehoeren zum Tollsten, was ich je gesehen habe.

Bom dia, Brasil

Wasserfallbeschwingt fahre ich nun gleich an die Atlantikkueste, um die Wassermassen, die ich gestern habe sich hinabstuerzen sehen, wiederzutreffen. Florianopolis liegt in Brasiliens Sueden und wird mein erster richtiger Stopp hier. Ich bin sehr gespannt auf dieses Land, das ja so verschieden von allen meinen vorher Bereisten sein soll. Vor allem, nachdem mir Hannes letzte Woche auf seiner Terrasse nochmal das Beste seiner gesammelten Anekdoten von seinen Reisen dort dargeboten hatte... Até mais tarde!