Dienstag, 31. Juli 2007

Bolivienstens

In Iquique (Nordchile) waren wir, wie unten bereits vermeldet, Gleitschirmfliegen (Fotos). Nachmittags und abends gingen wir auf ein Strassenfest, das die Virgen Maria feierte mit allerhand indigener und sonstiger Braeuche: grosse maskierte Tanzgruppierungen (von Teufeln bis Wildwestindianern) tanzten um Marienstatuen zu rhythmischen Trommelklaengen. Alles in allem wie Rosenmontag, nur ohne Schwellkoepp und ich war nuechtern. Lustigerweise entpuppte sich spaeter ein tanzender Teufel als mein Gleitschirmpilot (die hatten mich nicht allein fliegen lassen).

Am naechsten Tag fuhren wir nach Arrica, kurz vor der peruanischen Grenze. Dabei passierten wir den trockensten Ort der Welt, an dem noch nie Niederschlag gemessen wurde. Ziemlich beeindruckend, dass eine Horde Konquistadoren die Strecke sogar zu Fuss geschafft hat. Arrica ist ein kleines, unspektakulaeres Kaff am Meer, an dem wir unseren letzten chilenischen Avocadoburger (Churrasco) assen, um tags darauf die Reise nach La Paz anzutreten, der (de facto) Hauptstadt Boliviens. La Paz liegt auf 3500 Metern, und die Grenzstation liegt auf einem Pass auf etwa 4000 Metern. Die Reise dauert sieben Stunden, wenn nicht - wie in unserem Falle - der Bus aufgibt. So verbrachten wir den kompletten Nachmittag irgendwo in den chilenischen Anden auf 3500 Metern Hoehe. Ich bin ein bisschen wandern gegangen, aber nach ein paar Hoehenmetern Klettern faengt man an zu keuchen wie nach einem 1000-Meter-Lauf wegen des geringen Sauerstoffsgehalts (wir waren zudem morgens noch auf Meereshoehe gewesen). Mit einem Ersatzbus trafen wir abends schliesslich in La Paz ein. La Paz liegt in einem Kessel, nachts ein beeindruckendes Lichtermeer. Am Busbahnhof ausgestiegen wird einem ziemlich schnell klar, dass man jetzt im Klischeesuedamerika ist. Die Leute sind wesentlich indigener und dunkler als in Chile, und auf der Strasse herrscht ein grosses, aber sympathisches Chaos. Die naechsten Tage bleiben wir erstmal in dieser faszinierenden Stadt. Chao!

Sonntag, 29. Juli 2007

Fotos aus San Pedro

Wie versprochen, hier die Fotos aus San Pedro.

Heute Mittag waren wir Gleitschirmfliegen und danach auf einer indigenen Katholikenstrassenfiesta, doch davon ein andermal mehr.

Freitag, 27. Juli 2007

Von hohen Geysiren in tote Seen

Nach den feuchten Tagen im chilenischen Sueden haben wir uns nun im Norden waehrend der letzten vier Tage Sonnenbraende geholt (aber nur leichte dank Kokosnusssonnencreme): Wir waren in San Pedro de Atacama, einer Oasensiedlung am Rande einer Salzwueste nahe der bolivischen Grenze auf 2500 Metern Hoehe. Dort gibt es die groessten Lithiumvorraete der Welt, womit man sehr viel Geld machen kann, besonders wenn man schlauer nordamerikanischer Unternehmer ist. Bis vor 500 Jahren haben hier die Atacamenos Lamas gezuechtet, dann wurden sie erst von den Inkas erobert und schliesslich von den Jungs suedlich der Pyrenaeen. Die Berge in der Umgebung (knapp 6000 Meter hoch) haben indianische Namen, was einem auf den ersten Blick politisch sehr fair erscheint. Allerdings sind dies die Inka-Namen, also der Unterdruecker fuer 90 Jahre, und nicht die der urspruenglichen Bevoelkerung - politische Korrektheit also nur auf den ersten Blick. Die Inkas haben als spanische Soeldner sogar massgeblich zur Unterwerfung der Atacamenas beigetragen. Die diversen Indianervoelker waren also auch nicht netter zueinander als etwa die Europaer untereinander.

Bis vor zehn Jahren war San Pedro noch ein vereinsamtes Wuestenkaff, bis vor drei Jahren gab´s nur abends Strom. Inzwischen haben sie es aber geschafft, aus ein paar Lehmbuden in einer riesigen Geroell-, Busch- und Salzlandschaft ein Lonely-Planet-Highlight und somit eine absolute Touristenattraktion zu zaubern... und es ist echt saugeil. Man faehrt 22 Stunden von Santiago aus mit dem Bus (1700 Kilometer), was aber kein Problem, da die Busse hier sehr edel sind und sich super zum Schlafen eignen (an Letzterem haben auch die gezeigten Hollywoodfilme ihren Anteil). Unser Hostalhombre Roberto war diesmal ein sehr lockerer indianischer Metaller mit langen schwarzen Haaren (allerdings erfuhren wir nie seine Reaktion darauf, dass Tillmann kurz vor unserer Abreise sein Sandboard zerstoerte, s. unten). Nach ein paar Indioruinen an Tag 1 ging´s um 4 Uhr morgens der ersten Nacht auf 4500 Meter Hoehe, um Geysire zu bewundern. Es war derbstens kalt, -15 Grad, so dass ich mit allem glaenzen konnte, was mein Rucksack zu bieten hatte (Unterhemd, langes Skiunterhemd, Polohemd (wenn schon, denn schon), Multifunktionshemd, Pullover, Fleecepullover, Fleecejacke und Wanderjacke, die ging dann aber dummerweise nicht mehr zu). So hoch war ich noch nie gewesen (zumindest mit Boeden unter den Fuessen), was mich in einen Zustand grossen Glueckes versetzte (waehrend es Teresa in einen Zustand grosser Uebelkeit versetzte). Danach sind wir ein bisschen durch die aeusserst holprige Landschaft gekurvt (man macht hier alles mit gefuehrten Touren), haben uns Kakteenoasen an den "Fluessen" und ein Langweilerpueblo angeschaut. Zurueck in San Pedro hab ich mich fuer 3 Euro gegen Tollwut impfen lassen, inklusive Impfstoff und alles in insgesamt 10 Minuten ohne Termin - das nenn ich Service! Nachmittags sind wir ins Marstal ("Valle de Marca") gefahren, in der Tat stellt man sich genauso den Mars vor (hier koennten die AISler unter Euch super rumslammen, eignet sich auch Spitze zur Terrainmodellierung), mal abgesehen davon, dass es groesstenteils aus Salz besteht. Bis zu 2000 Meter weit unter den Boden geht die Salzmasse. Nach diversem Bodenablecken und einem Salzstueck in der Groesse eines halben Lebkuchens kann einem jedoch sehr schlecht werden.

Am naechsten Tag waren wir Sandboarden: Man reibt ein Holzbrett mit zwei Fusschlaufen mit Kerzenwachs ein, klettert auf eine Duene und duest runter, bis man abfratzt und dabei einen herrlichen aufmerksamkeitheischenden Ueberschlag vollfuehrt, da sich die Fuesse zunaechst nicht aus der Schlaufe loesen. Der Fahrstil soll uebrigens nicht viel gemein haben mit Snowboarden, wie mir Experten versicherten. Nachmittags erlebten wir dann mein persoenliches Highlight, eine Lagune in der Salzwueste, ein totes Meerlein: ein kleiner See mit so hohem Salzgehalt, dass man nicht untergehen kann. Das allein fand ich schon total geil, wie immer isses ja am schoensten, wenn man´s selber erlebt und nicht nur in Israelreportagen sieht. Das geilste war aber, dass einem in diesem See die Fuesse verbrannten, waehrend einem die Haende abfroren. Die oberen 30cm sind krass kalt, so dass man den toten Mann nur 10 Sekunden schafft. Dann ist´s etwa 50cm lauwarm, bevor es weiter unten unglaublich heiss wird (liegt an irgendwelchen chemischen Reaktionen in der Tiefe). Ein ziemlich unangenehmer, aber sehr beeindruckender Kontrast. Abends haben wir uns schliesslich Sternscher angeschaut in einem kleinen Observatorium in der Wueste, was einem mal wieder die eigene Nichtigkeit vor Augen fuehrte, fuer mich eine Rechtfertigung fuer weiteren Hedonismus.

Gestern besserten wir unsere Bildungsbilanz auf und suchten das oertliche Indianermuseum auf, um danach aber gleich wieder durch die Marslandschaft zu mountainbiken und auch nochmal die Duene zu besteigen. Bei dieser Gelegenheit zerbrach Robertos Sandboard unter Tillmanns Fahrkuensten ("Ich hab echt gar nix gemacht").

In der letzten Nacht haben wir uns von San Pedro verabschiedet und sind 600km nach Nordwesten gefahren nach Iquique. Hier haben sie frueher den grossen Reibach mit Salpeter gemacht. Dummerweise hat dann mal einer entdeckt, wie man das Zeug kuenstlich herstellt, und seitdem geht´s hier eher den Bach runter, auch wenn es noch immer eine der groessten Staedte Chiles ist. Iquique hat einen grossen Strand, dafuer ist es hier allerdings wiederum zu kalt. Ausserdem liegt es eingeengt zwischen Meer und Bergen, so dass es ein Paraglidingmekka ist, was wir morgen zu bestaetigen versuchen.

Hab ich oben was von tollem Service geschrieben? Jetzt schmeisst der Internetcafemann uns um 18 Uhr aus dem Laden. Fotos gibt´s demnaechst.

Fotos von Valparaiso und Pucon gehn jetz

Und zwar hier. Perdon fuer die Inkonvenienz.

Samstag, 21. Juli 2007

Vom Regen in die Therme

Die letzten Tage war es etwas nass in Chile, zumindest in den Teilen, in denen ich mich aufgehalten habe. Neider in Deutschland kann man mit dem aktuellen Wetter jedenfalls nicht erwecken. In Santiago regnet es heute den ganzen Tag volle Kanne, und das tat es auch in Pucon, 10 Busstunden suedlich, wo wir die letzten drei Tage verbracht haben. (A propos Hundswetter (duffdae): Wer Angst vor Hunden hat, sollte sich eine Chilereise gut ueberlegen. Die laufen en masse in jeder Farbe und Groesse wild durch alle Staedte, sind aber sehr friedlich.) Pucon ist einer der Urlaubsorte Chiles, dies anscheinend aber vor allem Sommer (Fotos). Es soll dort angeblich einen grossen und aeusserst beeindruckenden Vulkan geben... gesehen haben wir ihn aber nicht, da er und alle Berge drumrum immerzu wolkenverhangen waren. Statt ihn zu besteigen haben wir stattdessen eine Radtour durchs Umland gemacht, was sehr schoen war, aber insbesondere gegen Ende hin eher einer Bootstour glich. Abends waren in den Thermen, und die allein haben die Reise dorthin dann tatsaechlich gelohnt: Naturthermen mitten in einer einsamen Waldschlucht, fuenf halbnatuerliche Becken mit unterschiedlich warmen Wasser, und das des Nachts bei leichtem Regen und Nebel, schon sehr idyllisch und muy romantico. Und da wir ja ausserhalb der Saison waren, badeten wir jedesmal so gut wie allein. Die Zeit im Hostal wurde uns durch unseren Herbergsvater versuesst, ein lustiger Geselle und ein Anhaenger Pinochets, aber ansonsten eigentlich ein guter Mensch. Gottseidank hab ich ihm schnell klargemacht, dass ich kein Spanisch verstehe, und Ziel seiner Kalauer und seines politischen Schwachsinns wurden so vor allem Tillmann und Theresa. Ausserdem waren wir in einem Mapuche-Museum, so heissen die Indianer im Sueden Chiles. Details moechte ich an dieser Stelle ersparen, nur so viel, dass sie immer alle bekifft waren und echt ziemlich grosse Ohrringe getragen haben (nicht unchic). Ausserdem sind fast alle Chilenen Mestizen, aber jeder behauptet von sich, direkt von den Konquistadoren abzustammen. Allerdings gibt es inzwischen durchaus eine Art positiver Diskriminierung, d.h. sehr indigene Chilenen bekommen z.B. leichter Stipendien fuers Studium.

Letztes Wochenende, das heisst vor Pucon, haben wir in Valparaiso verbracht, der zweitgroessten Stadt Chiles mit vielen bunten Haeusern am Meer und Teil des Nationalstolzes. Jedem Chilenen, dem man danach begegnet, muss darauf versichern, wie unglaublich schoen Valparaiso sei.

Morgen frueh geht es in den Norden Chiles. Dort soll tatsaechlich die Sonne scheinen, wie eine Vorhut in Erfahrung gebracht hat.

Montag, 16. Juli 2007

Santiago - Fotos

Die ersten Bilder aus Südamerika gibt's hier.

Sonntag, 15. Juli 2007

Santiago

Hola! Nach einer unproblematischen Reise bin ich in Santiago angekommen und habe mich erfolgreich eingelebt, in jeder Hinsicht, auch wenn mir heute sehr unwohl ist infolge des chilenischen Partygetraenks Nummer 1, Piscola, so eine Art Rum-Cola. Santiago gefaellt mir aeussert gut, eine grosse Stadt umgeben von den Anden. 5000er Berge permanent am Stadtrand zu sehen ist beeindruckend. Die Stadt selbst macht einen sehr europaeischen Eindruck, ist ordentlich, gepflegt und sicher (wobei es allerdings auch arme Stadtteile gibt). Chile ist das reichste Land Suedamerikas. Die Chilenen sind sehr sympathisch. Hab schon diverse kennengelernt, da Tillmann sich mit sechs Mitbewohnern ein Haus teilt. Die Chileninnen sind meistens etwas staemmiger am Start, aber es gibt auch viele nette Ausnahmen, zu sehen zum Beispiel in einem der vielen "Cafes mit Beinen", wo sparsamst bekleidete Damen Geschaeftsmaennern ihren Nachmittagskaffee servieren. Hier ist ja bekanntlich Winter, es sind tagsueber ungefaehr bis zu zehn Grad, nachts ist es aber deutlich kaelter. Allerdings sind die Chilenen ziemlich hart, denn sie verzichten auf Heizung und isolierte Haeuser, so dass man unter tausend Decken schlaeft. Eigentlich koennte man gleich draussen schlafen. In den letzten drei Tagen habe ich chilenische, deutsche und arabische Nationalspeisen gegessen, zumindest wurden sie als solche verkauft: es war jedes Mal ein Riesenhamburger mit Avocadocreme und Pommes Frites (bei dem "Tradicion Aleman"-Laden war ein allerdings noch ein Bier dabei, "Kuntzelmann", beworben mit "Ein gutes Bier" (auf deutsch), und im Falle des Shawermas waren die Pommes Frites im Burger drin). Die Chilenen gelten so ungefaehr als die Preussen Suedamerikas, alles ist genau geregelt. Wenn man beim Baecker ein Brot kaufen moechte, geht man zur Brottheke, sagt, was man will, kriegt dann erst mal nen Bon, mit dem man zur Kasse am anderen Ende des Ladens geht, dort bezahlt, einen neuen Bon kriegt, mit dem sich dann sein Broetchen abholen kann. Ausserdem sind sie sehr geschaeftstuechtig. Wenn man in sein parkendes Auto einsteigt, kommt gleich einer angerannt und winkt einen raus (auch wenn kein Hindernis die Sicht versperrt) und will dann ein Trinkgeld. Spanisch versteh ich zu meiner Ueberraschung gar nicht so schlecht, ungefaehr bei einem Drittel im Gespraech raffe ich, worueber wir eigentlich grad reden. Die naechsten Tage fahren wir irgendwo nach Sueden, da gibt´s nen schoenen Vulkan, und bei naechster Gelegenheit kommen auch Fotos. Das Hochladen ist hier leider grad nicht moeglich, da in diesem Internetcafe zehn Rechner an einem Modem haengen, jedenfalls ist die Geschwindigkeit so. Saludos nach Alemania oder wo Ihr das auch lest!

Sonntag, 8. Juli 2007

Start

Es ist soweit: Dienstagabend fliege ich nach Santiago de Chile. Ein halbes Jahr und länger habe ich mich drauf gefreut, zwei Wochen Spanisch gelernt, eine Nacht Abschied gefeiert, einen Tag lang auskuriert und jetzt sogar noch gepackt - ich bin bereit. In Santiago erwartet mich Tillmann, mein Brüderlein, der dort sein Auslandssemester verbringt. Gemeinsam mit ihm und seiner Freundin Teresa bereise ich in den nächsten zwei Monaten Nordchile, Bolivien und Peru (rote Route auf der Karte links). Falls ich danach weiterhin in Reiselaune bin, geht's nach Argentinien, insbesondere auch zu einem jungen Familienvater, mit dem ich daeinst die Schulbank teilte, und nach Brasilien zu Leandro, einem brasilianischen Freund, der in Deutschland promoviert (blaue Route).

Dieser bescheidene Blog soll Euch in den nächsten Wochen und Monaten kundtun über meine mannigfaltigen Erlebnisse. Und für die, die lieber schauen denn lesen, wird's auch viele Bilder geben. Hasta pronto!