Montag, 29. Oktober 2007

Buenos Aires

Zweieinhalb Wochen Buenos Aires habe ich erfolgreich hinter mich gebracht (Fotos). Nach der steten Rumreiserei war meine Lust gross gewesen, mal wieder fuer laengere Zeit an einem netten Ort zu verweilen. Nach ein paar Tagen bei Hannes und seiner Familie bin ich fuer 8 Naechte in ein Hostal in die Innenstadt gezogen.

Partyhostal

Das Hostal war voller Iren und Englaender, ich war zu meiner Ueberraschung die meiste Zeit der einzige Deutsche. Das Hostal duerfte wohl das Beispiel schlechthin fuer ein Partyhostal sein. Lustig zu sehen, wie die Vorstellung von einer gelungenen Suedamerikareise der Leute dort von der Vorstellung etwa der Backpacker in der peruanischen Cordillera Blanca abweicht. Und schoen war´s, wie die ganzen Einsprachigen alle mein Spanisch bewundert haben (unter Stummen ist der Halbzuengige der Rey). Trotz aller geselligen Abendrunden kam ich zum ein oder anderen kulturellen Highlight: abgesehen von der Vielzahl besuchter Museen (2 in 3h) war ich auf einem Boca-Juniors-Spiel. Die Gegner waren beliebige Provinzflaschen, so dass die Stimmung trotz beinahe ausverkauftem Haus nicht schlecht, aber auch nicht bewegend war. (Ist natuerlich auch nachteilhaft, wenn man die europaeische Liga mit der mit Abstand besten Stadionstimmung gewohnt ist.) Dafuer habe ich Maradona gesehen, zumindest prinzipiell. Der stand auf seinem VIP-Balkon und alle haben zu ihm gezeigt, gluecklicherweise, denn sonst haette ich ihn mit einem seiner fuenf Kumpanen um ihn herum noch verwechselt.

Argentinischer Muessiggang

Nachdem ich schliesslich alle Discotheken und Allyoucaneatgrillrestaurants von Buenos Aires kennengelernt hatte, zog ich zurueck zum Hannes. Nach einer Nacht Ausgehen mit ihm, so unterhaltsam wie daeinst, habe ich die letzten Tage gefaulenzt, um neue Energien zu sammeln fuer die Weiterreise. Wir haben gegrillt, auf Spielplaetzen uns unserer Jugend erfreut und allseits bekannte Klischees bestaetigt (Fussball ist, wenn 22 Leute..., s. G. Lineker): in einem Kleinfeld-Fussballspiel gegen einen Haufen Argentinier wurden wir zunaechst vorgefuehrt, ehe wir uns auf unsere deutschen Tugenden besannen (und unsere argentinischen Mitspieler sich auf ihre Technik) und das Spiel drehen konnten - was auch deshalb sehr wichtig war, da es um Geld ging und ich bereits zuvor diverse Peso bei anderen Gluecksspielen an Hannes verloren hatte. Heute Abend verlasse ich das schoene Buenos Aires und fahre in den Nordosten zu den weltbekannten Iguazu-Wasserfaellen an der brasilianischen Grenze. (Die ich nicht kannte, bevor Leandro mir von ihnen erzaehlt hatte. Sowieso erschreckend, wie simpel und uninformiert mein Suedamerikabild vorher war und noch ist. Die bekanntesten Bands, die bekanntesten Maler, nix kenne ich. Immerhin kann ich jetzt einigermassen die suedamerikanische Landkarte malen.) Bin schon ganz gespannt, ob ich ueberhaupt noch Busfahren kann... Chao!

Dienstag, 16. Oktober 2007

Hannes

Donnerstagabend stieg ich in Mendoza in den Bus ein und schlief bis Buenos Aires am naechsten Mittag durch. (Uebrigens klar der beste Bus bisher, Tillmann und Teresa, obwohl auch nur Semi Cama.) Genau richtig vorbereit fuer Hannes und seine Familie (Fotos)! Hannes hat mit mir daeinst Abi gemacht, in derselben grandiosen (wenn auch selten erfolgreichen) Mainzer Stadtteilmannschaft Fussball gespielt und sich die Naechte der Oberstufe mit mir um die Ohren geschlagen. Er lebt seit ein paar Jahren in Buenos Aires, und wenn er seitdem mal in Deutschland gewesen war, hatten wir uns verpasst.

Emily

So war es fuer mich ein grosser Moment, von ihm am Busterminal in Buenos Aires willkommen geheissen zu werden. Von ihm und seinem Toechterchen Emily, 14 Monate. Emily hat erstmal geweint, als sie mich gesehen hat. Ich vermute, es waren Freudentraenen. Und sie ist tatsaechlich so schoen geraten wie ihr Vater (wie es ihr Vater mir zuvor geschrieben hatte). Hannes lebt mit seiner Familie, das sind Emily, seine Freundin Rosana und deren zwei aeltere Kinder, in Palermo, einem Szeneviertel von Buenos Aires. Als vorzueglicher Gastgeber verwoehnte er mich freitags mit vielzaehligen vermissten oder nie gekannten kulinarischen Highlights, vom Willkommenserdinger ueber das Nachmittagsnutellabrot bis hin zu Unmengen Carne am Abend.

Cultura

Samstag tauchten wir so richtig ein in die argentinische Kultur, das heisst, wir waren beim WM-Qualispiel Argentinien gegen Chile im River-Plate-Stadion (2:0, sehr schmeichelhaft fuer die Gaeste) und danach bis 9 Uhr am naechsten Morgen in der Boliche (Disse). Der Sonntag gestaltete sich dementsprechend ruhiger. Montag war Feiertag in Argentinien und fuer uns Familientag im Park. Heute zeigt mir Hannes seine Guia-Kuenste im Zentrum von Buenos Aires.

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Argentinien

Hundemuede, aber gluecklich sitze ich im Internetcafe im argentinischen Mendoza und freue mich darueber zu lesen, wie toll doch der Wissenschaftsstandort Deutschland ist. Bald trage ich meinen Teil dazu bei. In meinem derzeitigen Zustand waere ich allerdings keine grosse Hilfe, denn die letzten drei Naechte habe ich jeweils nie mehr als fuenf Stunden geschlafen. Ich bin naemlich in einem absolut geilen Partyhostal gelandet. Und schon an meinem dritten Tag in Argentinien meine ich verstehen zu koennen, wieso Hannes hier geblieben ist. Doch mal wieder schoen chronologisch der Reihe nach (Fotos).

Moskau

Zuvor jedoch noch ein nettes Geschichtchen naechtraeglich, das ich ganz vergessen hatte: Mitten im ecuadorianischen Niemandsland sassen wir im Bus, mit mir nur Teresa und Clare aus Manchester, ansonsten alles Ecuadorianer, und was hoerten wir inmitten suedamerikanischer Musikkunst aufeinmal? "Moskau, Moskau... Russland ist ein schoenes Land. Ho-ho-ho-ho-ho, hey!" Das ist natuerlich eines der grossartigsten deutschen Lieder, wie ich mir gerade eben ueber Internet mal wieder vor die Ohren fuehre. Ich war kurz davor aufzuspringen und ein dreifach donnerndes Helau auf die Meenzer Fassenacht loszulassen - haette mich nicht das ausladende Hinterteil einer der zahlreichen im Busflur stehenden Señoras in den Sitz gedrueckt.

Buskreuzfahrt

Die Odysee von Quito nach Santiago zurueck war zwar 5.000 km lang, aber entspannt und angenehm. 9 Stunden ueber Nacht nach Guayaquil, 28 Stunden nach Lima, 20 Stunden nach Tacna, 1 Stunde ueber die Grenze nach Arica in Nordchile, Beinedurchbluten mittels Joggen am schoenen Strand, Avocadohotdogs und Uebernachtung im Hostal dort, 30 Stunden nach Santiago. Busreisen kann ich jetzt. In Santiago blieb ich fuer vier schoene Tage bei Juan, einem sehr korrekten Kumpel von Tillmann. Montag dann ging´s richtig offiziell los mit Teil 2 der Reise, die blaue Route auf der Karte oben links, und auf zu neuen Weiten.

Argentinien

Sechs Stunden faehrt man von Santiago aus ueber einen Andenpass nach Mendoza in Argentinien. Dabei passiert man den hoechsten Berg der Welt ausserhalb des Himalayas, den Aconcagua mit 6.962m. Der sieht allerdings gar nicht so spektakulaer aus, wie er es seiner Hoehe wegen verdient haette. Weil es zudem noch bewoelkt war, hab ich ihn gar nicht erkannt, obwohl ich die komplette Fahrt auf der richtigen Seite aus dem Fenster geguckt habe. Auf meine verwunderte Frage, wann er denn nun endlich kaeme, der Riesenberg, habe ich nur ein "Ya pasamos" zur Antwort bekommen. So bin ich am Tag drauf von Mendoza aus nochmal zu ihm hingefahren, um ihm bei schoenstem Sonnenschein meinen Respekt zu zollen und ihm zu versprechen, ihn bis 2031 zu bezwingen. Mendoza hat 120.000 Einwohner und ist die schoene Hauptstadt der groessten Weinregion Argentiniens. Die Gegend ist sehr heiss und trocken, eine Halbwueste. Mit frischem Andenwasser laesst sich aber allerhand kultivieren, und so saeumen alle Strassen Mendozas grosse, gruene Baeume. 1861 wurde die komplette Stadt in Schutt und Asche gelegt von einem Erdbeben. Infolgedessen bauten die Mendozaner ihre Strassen breit und legten groessflaechige Plaetze an, auf denen heute munterst hin- und herflaniert wird. Die Leute in der Stadt sehen, wie bekannt, grossenteils wie Suedeuropaer aus, kein Vergleich zu allen vorherigen Laendern. Ein komisches Gefuehl, jetzt nur noch ein bisschen aufzufallen. In den Doerfern ringsum sind die Leute dunkler, etwa wie in Chile. Wirklich unfair ist, wie Gott die Schoenheit in Suedamerika verteilt hat. Ueber die Anden zu fahren hat eine nicht geringere Wirkung, als in Dover eine Faehre zu besteigen und nach Kontinentaleuropa zu kommen! Ich wollte jedenfalls grade in keinem anderen Land der Welt sein. Gestern bin ich mit diversen anderen Rucksackreisenden von Winzerei zu Winzerei geradelt und habe Weine probiert. War allerdings nicht gerade der spannendste Teil der Reise. Dafuer war die Hostalparty gestern Nacht grandios. Jetzt habe ich heute Vormittag mein Bett geraeumt, mir fuer heute Abend ein Ticket nach Buenos Aires gekauft (nur 15 Stuendchen, laecherlich) und bin nun voller allerderbst krasser Vorfreude und aufgeregt wie ein kleines Kind auf ein absolutes Reisehighlight: Hannes.